Alles
fängt klein an, man weicht nur ein wenig von Gottes Weg ab
und bald wird der Abstand zu ihm größer und größer.
Aus einer Lüge werden zwei, dann folgen weitere, damit die
ersten nicht aufgedeckt werden und schon ist man ein Lügner.
Ein paar Äpfel in Nachbars Garten, dann einige Münzen
aus der Geldbörse der Mutter, ein paar illegal kopierte
Musiktitel auf dem Computer, ein paar nicht ganz richtige
Steuerangaben und schon ist man ein Dieb. Man verschweigt etwas
der Versicherung, schummelt in der Schule ein wenig und schon ist
man ein Betrüger. Ein paar Hochglanzmagazine, einige
Filmchen im Netz, hier ein wenig verführen und da ein wenig
sich verführen lassen und man findet sich schnell bei den
"Unzüchtigen", wie die Bibel sie nennt, wieder.
Nein, wir Menschen haben alle keinen Grund, unsere Nasen hoch zu
tragen, "wir sind allesamt Sünder und mangeln
des Ruhmes, den wir bei Gott haben sollten." (Röm
3:23) Anlass für
mich, Wege ohne Gott zu wagen, war die strenge biblische(?)
Erziehung meiner Eltern. Sie ließ keinen Freiraum für
eigene Entwicklung. Zwischen ihren Ansprüchen, denen der
Gemeinde und der Bibel war kein freier Platz mehr, wenn man es
allen recht machen wollte. Freiheit, was auch immer das für
einen Teenager bedeutet, gab es nur in der Heimlichkeit,
heimliches Lesen von Romanen, heimliche Kinobesuche, heimliche
Sexualität und mehr und mehr der Heimlichkeiten. Alles stets
mit schlechten Gewissen getan, denn man wird ja zum Heuchler und
wer will das schon sein? Keine Intimsphäre, keine
Gedankenfreiheit, denn Gott sieht alles und kennt unsere Gedanken
von Ferne. Stets bewertet er all unser Tun und schreibt es in
sein Buch, hatte man mir gesagt. Ich fühlte mich ständig
als Versager, einer, der Gottes Ansprüchen nie gerecht
werden würde. Welchen Weg gab es für mich, die reale
Welt, das Leben der anderen kennenzulernen, ohne durch die Brille
des Elternhauses oder der Gemeinde? Ich fühlte mich zur
Heimlichkeit geradezu gedrängt. Ich mache meinen Eltern
keinen Vorwurf, denn ihr Leben schien ja in sich stimmig zu sein.
Ich wollte sie nicht verletzen und achtete ihr konsequentes
Christsein aus den oben angeführten Gründen. Ich
wusste, - so hatte man es mir immer wieder gesagt - ich sollte
Gott fragen, wenn ich Probleme hatte, aber ich fragte Menschen
und verheimlichte dies zu Hause, um keinen Ärger zu machen
oder zu bekommen. Ich glaubte auch dem Biologieunterricht in der
Schule und verheimlichte dies, denn ein Gotteskind durfte damals
nicht einmal das Wort "Evolution" erwähnen, ohne
auf heftigsten Widerstand in Gemeinde und Elternhaus zu stoßen.
Und niemand war da, mit dem ich vernünftig über meine
Sorgen und Probleme hätte reden können. Denn die Leute
in unsere Kirche verstanden meine "weltlichen" Probleme
nicht und die Bekannten in der "Welt"(1) konnten mit
meinen religiösen Fragen gar nichts anfangen. So war ich
jahrelang auf mich alleine gestellt und fühlte mich oft
einsam und hilflos. Mit der Zeit wurde aus den Heimlichkeiten
der Kindheit ein verborgenes Leben im Erwachsenenalter. Hatte ich
doch die vielen Verbote verinnerlicht und fühlte mich nun
ständig als Heuchler, wenn ich eigene oder "weltliche"
Gedanken dachte.
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