Sie
sah ihn erwartungsvoll an. "Wer weiß?" Saron
lächelte und erwiderte dann, "Ich dachte an die Liebe
und wie sie..." -"Also hast Du doch eine neue Freundin,
dachte ich mir´s doch!" Sie strahlte, weil sie
glaubte, die richtige Vermutung gehabt zu haben. "Eher ein
Freund, ein alter Freund und keine neue Freundin." - "Dann
bist du also schwul?" Unbefangen wissbegierig sah sie ihn
an. Saron gab zu bedenken, wenn sie ihn dauernd unterbräche,
käme ihr Gespräch nie voran. Da gelobte sie Besserung
und Saron fuhr fort: "Also, ich dachte an seine Liebe und
wie sie mich mein Leben lang begleitet hat. Mein Freund ist schon
seit meiner Kindheit mein Freund und mit "schwul" hat
das rein gar nichts zu tun. Ich rede mit ihm über alles, was
mich bewegt, und mein Leben ist deshalb ein glückliches
geworden, weil ich wenigstens hin und wieder seine Ratschläge
befolgt habe. Darum bin ich ein glücklicher Mann, denn ich
habe zwei Beine, die ich benutzen kann, zwei gesunde Arme, Augen,
die sehen und Ohren, die hören. Ich bin nicht krank und im
Kopf" Saron lächelte, "ist auch noch soweit alles
in Ordnung. Ich habe genug zu essen und zu trinken, Kleidung, ein
Dach über dem Kopf, eine liebe Gefährtin, Kinder,
Enkelkinder und mir war es vergönnt, in einem wunderbaren
Beruf mit netten Leuten zu arbeiten. Sollte ich da nicht
glücklich und dankbar sein? Ist das nicht viel mehr, als ein
Lottogewinn?" - "Aber das sind doch alles eher
selbstverständliche Dinge! Die haben zumindest die
meisten.", warf das Mädchen ein. "Selbstverständlich?
Schaust du hin und wieder Nachrichten? Was passiert in Afrika, im
Nahen Osten, in Fernost, in Südamerika? Nein ich bin
zutiefst dankbar für das, was ich eben aufzählte,
nichts davon habe ich je als selbstverständlich hingenommen.
Ich verdanke das alles meinem Freund, der immer bei mir ist, auch
jetzt! Kennst du ihn?" Saron hielt inne. Sie tat, als
sähe sie sich um, dann sah sie ihn an und sagte verschmitzt:
"Gott?" - "Richtig, es erstaunt mich, dass du die
Lösung so schnell gefunden hast. Ja es ist Gott, der mich
begleitet und ich halte alles das, was er mir nicht gegeben hat,
für genauso gut wie alles das, was er mir gegeben hat. Er
gab mir keinen Reichtum, damit ich ihn nicht ängstlich zu
hüten und vermehren bestrebt bin, er gab mir kein großes
Haus, da mir irgendwann die Arbeit zu viel geworden wäre, er
gab mir keine große Kinderschar, da mich das überfordert
hätte, er gab mir keine vollkommene Gesundheit, damit ich
den Kranken verstehe, mich nicht über ihn erhebe und
bescheiden bleibe. Auch machte er mich nicht berühmt, damit
ich nicht stolz werde und den Nächsten verachte.
Wohlgemerkt: das gilt nur für mich, andere, auch gläubige
Menschen, können sehr wohl mit diesen Dingen umgehen. Also
ich bin ihm dankbar für das, was er mir gab und auch für
das, was ich nicht bekommen habe." - "Darüber habe
ich noch nie nachgedacht.", gestand das Mädchen, "Ich
hätte eher gedacht, dass Gott den Gläubigen die Wünsche
erfüllt, die sie sich selbst nicht erfüllen können.
Aber dass er, wie du meinst, auch weiß, was nicht gut für
einen ist und es ihm dann verweigert, ist ein neuer Gedanke für
mich." - "Heißt es nicht in einem Sprichwort, wen
Gott strafen will, dem erfüllt er seine Wünsche?"(1)
,erwiderte Saron.
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