Am
nächsten Morgen gingen Saron und seine Frau noch einmal in
die romantische kleine Stadt mit den vielen engen Gassen und den
wunderschönen Fachwerkhäusern. Sie frühstückten
in einem sonnigen Bistro gegenüber der Kirche, die zu jeder
vollen Stunde die Bewohner des Städtchens mit einem anderen
Glockenspiel erfreute. Dann fuhren sie mit der Erkundung des
Ortes fort und entdeckten bald einen baumbestandenen Park, der
sich längs eines Bachlaufes in ein Tal hineinzog und dann in
ein Naturgelände überging. Nachdem sie etwa eine Stunde
am Bach entlanggewandert waren, kamen sie zu einer Holzbrücke,
die sie überquerten, um auf der anderen Seite wieder in das
Städtchen zurückzukehren. Als aber nach fast zwei
Stunden Wanderung immer noch nichts vom Städtchen zu sehen
war, merkten sie, dass sie sich verlaufen hatten. So blieb ihnen
nichts anderes übrig, als an der Tür eines nahe
gelegenen Bauernhauses zu klingeln. Ein junger Mann öffnete
und sagte ihnen, dass der Bach auf dieser Seite einen Zulauf
besäße und sie seien schon über eine Stunde am
falschen Bach entlanggelaufen. Hilfsbereit bot er ihnen an,
sie schnell in die Stadt zu fahren, denn der Weg sei doch noch
recht weit. Saron und seine Frau nahmen das Angebot dankend an,
denn sie waren nicht mehr die Jüngsten und noch weitere
Stunden laufen zu müssen, schien ihnen nicht verlockend zu
sein. Im Ort angekommen, meinte Saron verschmitzt zu seiner
Liebe: "Siehst du, der Weg aus einer Sache heraus dauert oft
viel länger, als der Weg hinein!" Nachdem sie eine
Kleinigkeit zum Mittag gegessen hatten, begaben sie sich wieder
in ihr Gemeindehaus, um ein Mittagsschläfchen zu nehmen, wie
es ihre Gewohnheit war. Am Abend machten sie sich rechtzeitig zu
der ihnen genannten Adresse auf, wurden sehr herzlich begrüßt
und der kleine Kreis begann die Versammlung mit einigen
fröhlichen Liedern, Gebet und kurzem Gedankenaustausch. Dann
bat der junge Mann, der sie eingeladen hatte, Saron, ihnen bitte
die Frage zu beantworten, ob Jesus nicht auch ein gesetzestreuer
Fundamentalist gewesen sei, denn er habe das Gesetz nie
verworfen. Und wo zeige sich bei ihm die "Freiheit der
Kinder Gottes", die Paulus in seinen Briefen rühmt. Saron
schwieg zunächst und so wurde es auch im Raum langsam ganz
still. Er sah einen nach dem anderen prüfend an, um dann zu
fragen: "Warum interessiert euch dieses Thema so? Es ist
doch ein sehr trauriges, denn der Fundamentalismus begrenzt Gott,
macht ihn und sein Handeln klein und reduziert es auf
Vorschriften und Gesetze. Menschen lieben letztere oft, weil sie
ihnen Halt und Sicherheit geben. Ein genauer Weg ist durch sie
vorgegeben und sie müssen ihm nur folgen und schon gelangen
sie ans Ziel. Sie fürchten sich vor ungewöhnlichen
Entscheidungen, vor Kreativität und neuen Wegen. Denn wenn
sie etwas falsch machen, so glauben sie, landen sie am Ende ihres
Lebens im Feuersee, wie etliche von ihnen nicht müßig
werden zu behaupten. Fürchtet euch niemals vor Leuten, die
solches behaupten. Ich sah sie sterben, voller Angst vor dem
gestrengen Richter (1), den sie selbst andere gelehrt haben.
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