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Nachdem sie etwa eine Stunde auf dem Bergweg gewandert waren, kroch die Sonne aus den Wolken hervor und wärmte die kleine Schar. Sie erreichte einen freien Platz, von dem sich ein weiter Blick ins Tal bis hin zu den umliegenden Bergen bot.
Saron blieb stehen und wandte sich an seine Begleiter. "Ist Gottes Welt nicht wunderschön? Warum verstehen wir Menschen es nur so schlecht, glücklich und zufrieden in ihr zu sein? Ich wünschte, alle Menschen dort unten und überall würden Gott kennen, dann würden sie wahrhaft leben."
"Aber Saron", erwiderte einer der Gefährten, "ich verstehe nicht viel vom Glauben, aber eines weiß ich gewiss, die Menschen da unten sind alle recht lebendig. Tote leben da sicher nicht!" Die anderen lachten. "In einem hast du vollkommen recht", entgegnete Saron traurig. "Es steht mir nicht zu, ein Urteil über die Menschen da unten oder wo auch immer sie sein mögen, zu fällen. Gott allein weiß, wie jeder zu ihm steht, ob einer ihm folgt oder nicht.
Ich dachte mehr an den geistlichen Tod, d.h. Menschen können leben, aber Gott ist für sie tot. Ihr Glaube wurde nie von ihnen entdeckt oder ist erloschen. Sie drehen Gott den Rücken zu und entfernen sich immer mehr von ihm, oft ohne es zu wissen. Je weiter sie sich von ihm entfernen, desto wichtiger wird ein "Ersatzleben" für sie. Denn aus Gottes Sicht ist wahres Leben nicht Leben für Reichtum, Leben für Macht oder Leben für die eigene Ehre. Und - seid nicht erschrocken - auch ein Leben für den Nächsten, die Familie, den Partner kann Leben ohne Gott und damit "Ersatzleben" sein. Ja, nicht einmal Leben mit einer oder für eine Religion zählt. Nur ein Leben zusammen mit ihm, auf seiner Seite, als Bürger seines Landes und als sein Kind ist in Gottes Augen wahres Leben.(1) Weg und Ziel möchte Gott für uns sein, eine solche Lebensweise gibt unserem Leben Sinn und uns Ruhe.(2)"
"Was ist das für ein Leben, von dem du sprichst, warum brauchen wir es und wie bekommen wir es?", fragte eine junge Frau, die wie die anderen sehr aufmerksam zugehört hatte.
"So viele Fragen?", erwiderte Saron und setzte sich. "Aber sie sind wichtig und jeder muss sie für sich beantworten."
Die anderen taten es ihm gleich, jeder suchte ein bequemes Plätzchen. Das Gras war warm von der Sonne und Schmetterlinge gaukelten von einer Wiesenblume zur anderen. Manchmal wehte der Wind durch die Halme und ließ sie erzittern.
"Du fragst also, warum wir dieses Leben mit Gott brauchen?", begann Saron lächelnd. "Weil wir alle in der Tiefe unseres Herzens Gott suchen und nicht befriedigt werden durch selbst gebastelte Religion, Ersatzleben oder eigene Lebensziele. Es bleibt stets eine Unruhe, eine Sehnsucht in uns, vergleichbar mit der Sehnsucht nach einem Zuhause. Und gerade das möchte Gott uns schenken: ein Zuhause, Sinn, Geborgenheit, Verständnis oder mit einem Wort: Liebe.

Empfindsame Christen lesen bitte: HIER weiter.
























(1) Und das ist das Zeugnis: Gott hat uns das ewige Leben gegeben nur durch seinen Sohn. Wer Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes hat, der hat das Leben; wer diese Gemeinschaft nicht hat, der hat das Leben nicht. 1.Joh. 5:11-12)

(2) Genauso hat es Leo Tolstoi erlebt. Einen entsprechenden Ausschnitt aus seiner Biographie findest sich HIER